Lehrlingsbarometer 2017
Ergebnisse des Lehrlingsbarometers 2017
Lernende bleiben kaum in der Branche
Alle reden vom Fachkräftemangel. Der repräsentative Lehrlingsbarometer der Hotel & Gastro Union zeigt nun Erschreckendes: Nur 30 Prozent der Lernenden wollen sicher in der Branche bleiben.
Experten halten die Ergebnisse des Lehrlingsbarometers 2017 für verheerend. Nicht einmal jeder Dritte der Lernenden sagt, dass er sicher in der Gastronomie und Hotellerie bleiben will. «Das ist eine Investition ohne Nutzen», sagt Max Züst, Direktor der Hotel & Gastro formation, dazu. Die Branche bildet Lehrlinge aus, und wenn sie gut ausgebildet sind, springen sie in andere Sektoren ab. Als Gründe dafür nannte der Ökonom Rudolf Strahm letztes Jahr den tiefen Lohn und die Arbeitsbedingungen in unserer Branche. Stefan Unternährer, Leiter bei den Verhandlungen zum Landes-Gesamtarbeitsvertrag L-GAV bei den Arbeitnehmern, stimmt Strahm zu. «Das Gastgewerbe braucht marktgerechte Löhne, sonst wandern die Mitarbeitenden in andere Branchen ab. Denn der Lohn ist der wichtigste Grund für die Abwanderung.» Dass so wenige Lehrlinge in der Branche bleiben wollen, ist nicht neu. In der ersten Umfrage von 2004 gaben sogar noch weniger an, dass sie sicher in der Branche bleiben wollen als 2017. Erschreckend ist, dass kaum etwas getan wurde, damit die Branche attraktiver wird. Und erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der Lernenden insgesamt zurückgeht. 2010 gab es über 10 000 Lehrlinge im Gastgewerbe und im Catering. 2016 sind es laut dem Bundesamt für Statistik (BfS) nur noch 8308.
Fehlende Fachkräfte
Der Grund für den Rückgang bei der Ausbildung ist auf die Demografie zurückzuführen. Es gibt weniger Jugendliche, die aus der Schule kommen. Zugleich hat sich der Anteil derjenigen, die eine Matura machen, in den letzten 15 Jahren von 12 auf 20 Prozent beinahe verdoppelt. Das ist zwar immer noch massiv weniger als in anderen Ländern, aber es hat halt doch auch eine Auswirkung. Wenn weniger Jugendliche eine Lehre in unserer Branche machen und so viele die Branche verlassen, wird es für die Betriebe schwierig, geeignete Fachkräfte zu finden. Es wird sogar immer schwieriger, Lernende zu finden. So konnte Silvana von Felten, Hôtelière im Landhotel Hirschen in Erlinsbach, die Kochlehrstelle für diesen Sommer noch nicht besetzen. «Wir haben gar keine Bewerbungen erhalten», sagt von Felten. Es würde sich also lohnen, wenn sich alle in der Branche dafür einsetzten, attraktive Arbeitsplätze anzubieten.
Wie aber schafft man attraktive Arbeitsplätze in einer Branche mit unregelmässigen Arbeitszeiten und im Vergleich zu anderen Branchen tiefen Löhnen? Silvana von Felten findet die Arbeitszeiten nicht unbedingt unattraktiv. «Wir haben Mitarbeitende, die froh sind, wenn sie unter der Woche frei haben, um beispielsweise dann einkaufen zu können, wenn nicht alle anderen auch einkaufen.» Von Felten findet auch, dass man bei den Arbeitsplänen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen muss. «Einige arbeiten gerne am Wochenende, jene mit Familien lieber nicht.»
Jugendliche sind recht zufrieden
Obwohl viele nach der Lehre nicht im Gastgewerbe bleiben, sind die Jugendlichen im Grossen und Ganzen zufrieden mit der Ausbildung, wie die Grafiken zeigen. So bezeichnen 74 Prozent die Qualifikation des Ausbildners als gut bis sehr gut. Nur acht Prozent finden sie ungenügend. Die Zeit, die sich der Ausbildner, die Ausbildnerin nimmt, finden 69 Prozent als gut bis sehr gut. Am schlechtesten schneidet das zwischenmenschliche Klima in den Betrieben ab. 14 Prozent finden es als ungenügend. Dies ist auch kein neues Phänomen. Schon bei der allerersten Umfrage vor 14 Jahren gaben 13 Prozent an, das Arbeitsklima sei ungenügend. Hier würde Roland Barmet, Gastgeber im Hotel Cascada, Luzern, ansetzen. «Wir müssen die Mitarbeitenden wertschätzen. Dann bleiben sie länger, bei mir sind es im Schnitt über zehn Jahre.»
Vollversion inkl. Grafiken des Berichtes (PDF).
Text: Mario Gsell
Grafik: Solange Ehrler